veröffentlicht am 10. April 2015

Gebäudepark Schweiz als Energiespeicher: Wie lässt sich das grosse Potential sinnvoll nutzen?

Workshop
Gebäudepark Schweiz als Energiespeicher

Veranstalter
SIA FGE, Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Alenii

Datum
Freitag, 10. April 2015

Ort
Hochschule Luzern

Gebäude als Energiespeicher: Die Weichen müssen heute gestellt werden. Der SIA Fachverein Gebäudetechnik und Energie (SIA FGE), die Hochschule Luzern – Technik & Architektur sowie das Netzwerk der Energieingenieure Alenii luden am vergangenen Freitag, 10. April 2015, zum siebten mal zum Passerelle Workshop nach Luzern ein. Rund 120 führende Fachpersonen und Praktiker – so viele wie noch nie – diskutierten während gut vier Stunden die hoch aktuelle Energiespeicher-Frage.

Europaweit werden erneuerbare Energien massiv ausgebaut. Dies stellt das Energiesystem, wie wir es heute kennen, grundsätzlich in Frage. Da die erneuerbaren Energien unregelmässig anfallen, stellen sie hohe Ansprüche an Speicher- und Regeltechnologien. Der Bedarf für Energiespeicher wächst massiv und wird zum Schlüsselthema der Energiewende.

Energiewende und digitales Bauen im Fokus des SIA FGE

Markus Weber, Präsident des SIA FGE, freute sich über die zahlreich erschienenen Teilnehmer und informierte sie in seiner Begrüssung über die drei Fokusse des SIA FGE für das Jahr 2015: 1. Energiewende, 2. Bildung, 3. Digitales Bauen. Der diesjährige Workshop stand ganz im Zeichen der Energiewende. Weber gab in seiner Einführung jedoch zu Bedenken, dass es mit der zunehmenden Erzeugung erneuerbarer Energien nicht nur eine «Energiewende» sondern auch eine «Leistungswende» brauche. Im Rahmen des 3. Fokus «Digitales Bauen» lud Weber zur Tagung «BIM-Einführung in der Schweiz», vom 11. und 12. Juni 2015 ein. Dort erwarten Sie neben spannenden Fachbeiträgen auch die Gründung der Interessensgemeinschaft «BIM-Einführung in der Schweiz».

Der Energieingenieur Gebäude denkt vernetzt

Anschliessend wurden die Teilnehmer vom Präsidenten der Interessensgemeinschaft der Absolventen des MAS Studiengangs Energieingenieur Gebäude (Alenii), Daniel Marti, willkommen geheissen. Alenii stärkt unter anderem durch diverse Fachveranstaltungen das neue Berufsbild des Energieingenieurs Gebäude. Marti betonte, dass es angesichts der heutigen Herausforderungen wichtig sei, über das Gebäude hinaus zu denken – eine Aufgabe, wofür die Energieingenieure Gebäude in der Passerelle optimal ausgebildet werden.

Technisch anspruchsvoller Ausbau des erneuerbaren Stromanteils

Adrian Altenburger, Vizepräsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) und Partner der Amstein + Walthert AG, eröffnete den inhaltlichen Teil des Workshops. In seinem Referat betonte Altenburger, dass die Energiewende nicht nur eine Energie-Frage, sondern hauptsächlich eine Leistungs-Frage sei. Er forderte, künftig bei der Planung von Gebäuden die Option für den Einsatz dezentraler Stromspeicher zu prüfen. Durch sie könnten die sonst notwendigen Ausbauten der Regelenergie reduziert werden.

Die Energiespeichersysteme der Zukunft

In die Zukunft blickte am Workshop Jörg Worlitschek. Als Leiter der Forschungsgruppe Thermische Energiespeicher an der Hochschule Luzern präsentierte er verschiedene Energiespeichersysteme. Bei der thermischen Energiespeicherung gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Physikalischer Prozess, 2. Chemischer Prozess. Worlitschek betonte, dass beim physikalischen Prozess der latente Speicher in Zukunft wohl vermehrt eine wichtige Rolle spielen wird.

Ein Quartier wird zum Kraftwerk

Beat Andrist, Mitglied der Geschäftsleitung der EBL veranschaulichte am Pionierprojekt «Smart Grid Eich», wie man durch innovative Lösungen um einem klassischen Netzausbau herum kommt. In der Überbauung Eich in Frenkendorf setzte man auf die Smart Grid-Lösung der Blindleistungsregelung, um den Solarstrom von 33 Photovoltaik-Anlagen zu Spitzenzeiten nicht zu verlieren. Benötigt wird dazu ein Wechselrichter, welcher nicht nur den Gleichstrom vom Dach in Wechselstrom fürs Netz umwandelt sondern auch den Blindstrom kompensiert. Die Anlagen laufen bereits erfolgreich und haben sich als praxistauglich erwiesen. Die Spitzenbelastung – und somit die Nagelprobe – kommt dann im Sommer.

Benutzer-Anforderungen sind zu hinterfragen

Im letzten Impulsreferat des Workshops erläuterte Jost Harr, CEO der TZW Consulting GmbH, was er aus dem Leuchtturmprojekt «Temperatursteuerung mittels Eisspeicher im Syngenta Forschungszentrum Biostein» gelernt hat. Effiziente Energienutzung sei ein Zusammenspiel verschiedener intelligenter Systeme. Er betonte, dass Benutzer-Anforderungen zu hinterfragen und dadurch auf realistische Erwartungen hinunter zu brechen seien. Dies habe grossen Einfluss auf die Planung und Kosten eines Projektes.

Die Diskussion um die Energieversorger

Anschliessend an die vier Impulsreferate wurden die massgebenden Fragen in moderierten Workshops in Teilgruppen vertieft. Während gut einer Stunde diskutierten die sechs Gruppen zu folgenden Themen: «Dezentrale elektrische Speicher (Batterien, chemische Speicher, Flywheel, etc.) – Motivation und Nutzen?», «Gebäude als Energiespeicher – Wie verändert sich die Rolle der Energieversorger?», «Dezentrale thermische Speicher – Anwendungen, Potential und Herausforderungen?», «Saisonale thermische Speicher im Areal – Vernetzung und Potential?», «Gebäude als Energiespeicher – Auswirkungen auf Mensch als Nutzer?» und «Dezentrale Energiespeicher – Welche politischen Rahmenbedingungen sind notwendig (Freiwilligkeit, Verbote, Anreize, Subventionen)?». Moderiert wurden die Workshops von Daniel Marti, Carsten Schickor, Andrea Baumgartner, Albin Zellweger, Carl Müller und Michael Purtschert.

Nach den kontroversen Debatten fassten die Teilgruppenmoderatoren im Plenum die Ergebnisse zusammen. Als Abschluss der Veranstaltung führte Moderator Urs Rieder, Leiter der Abteilung Gebäudetechnik an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur, durch die Podiumsdiskussion mit den Referenten. Im Workshop hat sich besonders die Rolle der Energieversorger hervorgehoben: Die Workshop-Teilnehmer forderten von den Energieversorgern, sich den Herausforderungen von heute zu stellen und ihre Rollen als Netzbetreiber, Stromproduzent/-vertrieb und Netzmanager wahrzunehmen. Der Moderator der gesamten Veranstaltung, Urs Rieder, stand dem Regionaljournal Zentralschweiz für ein Interview zum Workshop zur Verfügung.

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